
Es gibt Innovation.
Es gibt Improvisation.
Und dann gibt es Pflege.
Ein Beruf, in dem Kreativität nicht Kür, sondern Überlebensstrategie ist.
Die Infusionshalterung aus einer umgedrehten Kaffeetasse – weil das Original nicht geliefert wurde.
Der Fixierverband, stabilisiert mit Tape, weil das „ergänzende Material“ seit drei Wochen in der Nachbestellung hängt.
Die Notfallbeatmungshilfe aus Holzspateln, weil Spezialadapter gerade „nicht im Standardrepertoire“ sind.
Die Stoßstange eines Kleinwagens einer Pflegefachkraft auf dem Mitarbeiterparkplatz des Krankenhauses, befestigt mit demselben Tape, das auch einen venösen Zugang fixiert – weil beides durch das gleiche Prinzip zusammenhält: Improvisation unter Druck.
Jedes Jahr aufs Neue stellt sich die Frage: Ist das bereits Genialität oder noch reiner Überlebensinstinkt?
Doch im Gesundheitssystem von heute gilt: Wer nicht improvisiert, verliert. Denn während die Bürokratie sich in endlosen Prozessoptimierungen verliert, während Versorgungslücken größer und Personalschlüssel kleiner werden, während Bestellungen sich verzögern und Budgets zusammengestrichen werden – hält das System nur, weil irgendwo irgendjemand mit einer Rolle Tape, einer Mullbinde und unerschütterlicher Entschlossenheit die Dinge am Laufen hält.
Es ist kein Zufall, dass Pflegekräfte nicht nur Patienten, sondern oft auch das System stabilisieren.
Es ist kein Zufall, dass eine improvisierte Lösung oft schneller wirkt als eine offiziell genehmigte Maßnahme.
Und es ist kein Zufall, dass der größte Mangel in der Pflege nicht Material ist – sondern Zeit.
Der McGyver-Pflegepreis ist deshalb kein Symbol für Kreativität, sondern für Notwendigkeit. Für ein System, das auf Lösungen angewiesen ist, die es selbst nicht bereitstellt. Und für Menschen, die trotz allem weitermachen – ohne dass es jemals als „echte Innovation“ gefeiert wird. Denn solange eine Rolle Tape in jeder Kitteltasche steckt, hält nicht nur der Verband – sondern das gesamte Gesundheitssystem. GLG Eure Schwester Eva
Comments